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Donnerstag, 3. Juni 2010

Besuch von Zeiti






Herbstzeit ist auch in Australien Erkältungszeit. Ich hatte mich schon länger gefragt, warum Lutz die letzten Jahre immer um diese Zeit nach Australien gereist ist. Wenn es in Deutschland anfängt zu grünen und zu blühen, kann es doch nicht so attraktiv sein, in so ein Usselswetter zu reisen. Aber eine Kollegin meinte, dass es die letzten Jahre im Herbst immer trocken gewesen sei.
Hingegen einem Kollegen, der auch aus Deutschland stammt, einfiel, dass er das erste Jahr hier in Australien auch permanent erkältet gewesen sei. Lutz scheint da in den letzten Jahren bei seinen Besuchen Immunität aufgebaut zu haben. Und ich hab jetzt die dritte oder vierte Erkältung innerhalb von acht Monaten. Na ja, wenn alle Theorien stimmen, dauert es ja auch nicht mehr lange bis zu „meiner Immunität“.
Eigentlich wäre optimales Wetter um den Tag in der Sauna zu verbringen. Aber wo gibt es hier eine Sauna?!
Praktisch am Herbst ist, dass sowohl Haare als auch Nägel ihr temporeiches Wachstum vom Sommer wieder eingestellt haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich so oft die Nägel schneiden musste wie hier die letzten Monate. Und Lutz mit seinem Kurzhaarschnitt war auch wesentlich häufiger bei den Damen der „schnibbelnden Kunst“ anzutreffen als jetzt.
Die Australier hatten sich ja schon über den viel zu milden Sommer beklagt und jetzt dieser total verregnete Herbt. Seit Tagen und Wochen fast ausschliesslich Regen. Der Ätz in Tüten!! Dem Wetter entsprechend husten und schnupfen jetzt viele Leute rum. Und da wir ja in Australien sind, werden dadurch vermehrt Eukalyptusbonbons gelutscht, so dass die Ausdünstungen der Menschen nun etwa so riechen wie die von Koalas – wenn die Nase denn so frei ist, dass man überhaupt was riecht.
Aber was nettes gibt es trotz Regen: Über einen Tag verteilt gibt es immermal wieder einen Regenbogen sehen.

Ich war schon die ganze Woche lang ein wenig erkältet. Mittwoch hab ich dann den Rest bekommen, als ich nach der Arbeit auf den Bus gewartet hab. Dort an der Bushaltestelle gibt es weder ein Häuschen zum Unterstellen, noch sonst etwas, wo man hätte ein wenig Schutz vor dem Regen bekommen können. So stand ich dann unter meinem Schirm und wartete auf den elendigen Bus, während der Regen noch relativ harmlos dahinplätscherte. Wäre der Bus auch nur halbwegs pünktlich gewesen, wäre wohl noch alles gutgegangen. Aber er kam viel zu spät und der Regen kam inzwischen auch wieder in Kübeln vom Himmel. Durchgekühlt und angenässt ging es dann nach Blacktown zum Bahnhof. Natürlich hab ich den Zug verpasst und mich dann in einen Bummelzug gesetzt. Denn der stand schon im Bahnhof und immerhin hielt der auch in Waverton. Wenigstens hatte Lutz Erbarmen und hat mich am Bahnhof dann eingesammelt. Das hielt die Grippe aber auch nicht mehr auf…

Am Wochenende hatten wir dann Besuch von Zeiti. Ohne unhöflich sein zu wollen, hab ich seine Geschäftsreise begrüsst – im Sinn von: Er hat im Hotel übernachtet. Lutz hätte das bestimmt gedeichselt, wenn wir Zeiti hier gehabt hätten. Aber so war wohl allen geholfen.
Freitag war mal schönes Wetter und so hat Lutz früher Feierabend gemacht, um Zeiti in der Stadt zu treffen. Sie haben eine Runde durch The Rocks gedreht. Das Löwenbräu hatte zwar noch das „Pure Bier-Festival“, aber draussen gab es wieder eine Schlange wartender Leute, so dass es für die beiden Pizza gab. Ganz abgesehen davon war es vielleicht für beide nett, einen Herrenabend zu haben.
Wenn es sich nicht verhindern lässt, nehmen wir unseren Besuch ja samstags mit auf den Fischmarkt. So haben wir dann die Fähre genommen, um Zeiti am Anleger beim Maritime Museum zu treffen und von dort aus zum Fischmarkt zu gehen. „Komisch“ war noch, dass auf der Harbour Bridge statt der Flagge von Newsouthwales die der Aborigines gehisst war. Vielleicht lag es daran, weil die Woche vorher ein Buch über Bungaree herausgekommen war. Das wurde hier im grossen Rahmen mit der Gouverneurin Prof. Bashir gefeiert. Bungaree war ein Aborigine, der mit Matthew Flinders Australien weiter erkundet und von Herrn Macquarie in Georges Heights hier in Sydney eine Farm bekommen hatte.
Ja, jedenfalls hatten wir am Samstag auf dem Fischmarkt wieder freie Tischwahl. Sehr wenige Asiaten waren dort. Wahrscheinlich mehr einheimische Asiaten, da die Bustouren mit den Touris dann wohl ehr im Sommer stattfinden. Dafür kommen immer mehr Pelikane vorbei und schauen, ob es für sie nicht noch was leckeres gibt. Pelikane sind irgendwie viel netter und unaufdringlicher als die Möwen. Mit den Möwen ist es wie mit den Lories: Sie sind ausgehungert. So konnten wir dann noch beobachten, wie Möwen einen „Asiaten-Tisch“ attakierten – in der Hoffnung, was für den leeren Magen zu bekommen. Die Lories sind ja da verwöhnter und ihr Hunger dauert auch nur so lang, bis Lutz und/oder ich aufgestanden sind/bin und dem „Dackelblick“ nicht mehr widerstehen können.
Eine Möwe hatte es auch auf uns abgesehen. Wir unterhielten uns gerade noch darüber, dass die englische Aussprache der Asiaten nicht immer verständlich sei. So gab es die Geschichte meiner indonesischen Kollegin, die anlässlich des Geburtstages einer anderen Kollegin zu mir meinte „It´s time for cak!“. Es hat bei mir eine Weile gedauert, bis ich dahinter gestiegen bin, was sie meinte: Cake. Sie wollte mir sagen, dass es Zeit für Kuchen ist. Und während wir uns am Fischmarkt noch über das Wortspiel mit „cak“ und dem deutschen „Kack“ beömmelten, hat es eine Möwe, keiner weiss wie das klappen konnte, Lutz, ja, angekackt. Zum Glück nicht so viel. So konnten wir auch relativ schnell weitermachen in unserem Programm.
Auf dem Plan stand nun das National Maritime Museum. Wir haben uns dann alle ein „Big Ticket“ besorgt, mit dem wir den Zerstörer, das U-Boot, die Endeavor und noch ein weiteres Segelschiff uns anschauen konnten.
Im Gegensatz zum Powerhouse Museum war das im Maritime Museum richtig nett gemacht. Überall waren ehrenamtlich tätige Tour-Guides unterwegs, die einem bereitwillig alles erklärten und darüber hinaus auch immer für ein nettes Pläuschchen aufgelegt waren. Ist ja klar – wir sind ja in Australien und nichts schätzen die Aussies mehr, als eine gepflegte Unterhaltung.
Wir haben uns dann von rechts nach links „durchgearbeitet“. Los ging es auf dem Zerstörer, der Vampire. George führte uns rum. Das Schiff ist zwar zur See gefahren, aber nie in ein Gefecht gekommen. Die Funkanlage ist noch funktionstüchtig, so dass sich einmal im Monat Hobbyfunker dort eintreffen.
Ansonsten muss das Leben an Bord eines Zerstörers oder auch eines U-Bootes schon sehr eingeschränkt sein. Zu Zeiten, als der Zerstörer und das U-Boot noch im Dienst waren, hatten alle Matrosen dort ihre Pritsche. Heutzutage gibt es an Bord solcher Schiffe - oder ehr Boote, wie sie genannt werden, wie uns ein Tour-Guide erklärte – weniger Personal und jeder hat seine eigene Kabine. Welch Luxus! Aber an den 90 Sekunden für eine Dusche wird sich wohl nichts geändert haben.
Die Brücke der Vampire war ursprünglich nicht überdacht. Ausserdem war es nur die „Schein-Brücke“, um den Feind abzulenken. Die tatsächliche Brücke lag darunter. Dort war alles rot erleuchtet, da das menschliche Auge dafür wohl nur zwei Minuten braucht, um sich von grellem Sonnenlicht umzugewöhnen. Bei normaler Beleuchtung dauert die Umgewöhnung wohl zwanzig Minuten, was im Kampf natürlich fatal sein kann. Die „Ablenkungsbrücke“ wurde überdacht, als das Schiff in den Dienst als Schulschiff ging.
Das U-Boot war sehr eng und man muss schon recht schlank und klein sein, um es dort länger aushalten zu können. Dort gab es aufgrund der Enge keine Führung. Aber hier und dort sass jemand, der uns gerne was erklärte. Ein Tourguide dort fragte uns zu unseren Tipps für die Fussball-Weltmeisterschaft. Uns dreien ist Fussball ja relativ egal und so haben wir uns nicht so richtig äussern können/wollen. Der gute Mann war damit aber nicht zufrieden und erklärte noch „Da vorne die Dame kommt aus Brasilien und meint, Brasilien würde Weltmeister!!“. Ach ja, na klar! Uns war der Titel weiterhin relativ egal und die Brasilianerin wollte sich dann gegen drei Deutsche nicht weiter äussern.
Dann kam der Schock. Von der Moderne „zurück zu den Wurzeln“ auf die Endeavour, dem Segelschiff von James Cook. Oder besser gesagt, die Nachbildung des Schiffs. James Cook hatte mit der richtigen Endeavour seine erste Südseereise gemacht. Und auch heute kann man noch mit der Nachbildung mitsegeln. Im Gegensatz zu den beiden vorher besichtigten moderneren Schiffen: Dem Zerstörer und dem U-Boot. Davon ist keins mehr fahrtauglich. Aber wir haben keine Ahnung, wie man sich bei den vielen Seilen, Tauen, Segeln und was man noch so braucht, um mit dem Segelschiff zu segeln, zurechtfindet. Es sieht zwar sehr ordentlich aus, aber bei der Menge verliert man als Laie bestimmt schnell den Überblick…
Ja, der Nachbau der Endeavour hat auch bereits alle Punkte dieser ersten Entdeckungsreise der Südsee von James Cook „abgeklappert“.
Das Raumschiff Endeavour wurde nach dem Segelschiff benannt. In dem Nachbau gibt es einen Holznagel aus dem echten Segelschiff, der mit dem Raumschiff auf dessen Jungfernfahrt unterwegs war und jetzt in die Replik gehämmert ist – „Dieser einfache Holznagel verbindet nun das 18. Jahrhundert-Segelschiff mit dem 20. Jahrhundert-Raumschiff“.
Auch auf dem Segelschiff gab es wieder freundliche Mitarbeiter des Maritime Museums, die uns bereitwillig alles erklärten und auch noch Geschichten zu James Cook und seiner Truppe zu erzählen wussten.
James Cook hatte damals schon sehr darauf geachtet, dass die Schiffsmannschaft nicht an Skorbut erkrankte. Probates Mittel war damals schon Sauerkraut, was ja einerseits durch die Milchsäuregärung haltbar ist und andererseits über einen hohen Vitamin C-Gehalt verfügt. Wer es nicht mochte, wurde wohl zum Verzehr gezwungen. Ausserdem gab es Karottengelee und eingezuckerte Zitronen, weshalb englische Seeleute wohl heute noch „Limey“ genannt werden.
Die Tische waren am „offenen Ende“ mit Seilen befestigt. An den Seilen hingen Quasten, die als Servietten dienten. Lutz hatte noch die Überlegung, ob man dann irgendwann die Quasten ausgekocht hätte, um ein leckeres Süppchen zu bekommen. Das wusste die Dame, die uns etwas über das Leben an Bord erklärte, nicht.
Die Endeavour ist für die Australier natürlich besonders wichtig, da sie das Schiff ist, mit dem Captain Cook als erster Europäer die australische Ostküste in Botany Bay, an der heutzutage der Flughafen von Sydney unter anderem liegt, betreten hat.

Samstagabend sind wir trotz schlechtem Wetter nach Neutral Bay ins Oaks gefahren. Tatsächlich sassen einige Leute unter der grossen alten Eiche. Wir haben es aber vorgezogen, drinnen zu sein. Das ist weiter auch kein Problem, denn auch dort kann man sich sein Steak nach eigenen Wünschen grillen.

Sonntag ging es mal wieder in die Blue Mountains nach Katoomba. Dort singt aber nie einer „Von den blauen Bergen kommen wir, unser Lehrer ist genauso blöd wie wir…“… Aber: Wir mussten Zeiti ja die „drei Schwestern“ (die Steinformation Three Sisters) zeigen. Ich selber hatte das Wetter völlig unterschätzt und war froh, dass Lutz noch eine Arbeitsjacke im Auto hatte. Die war für mich zwar ehr ein Einmannzelt, aber wenn sie denn warm hält…
Dem Aborigine, der sonst den Touris Eindrücke der Didgeridoo-Musik gibt, war es wohl auch zu kalt. Seine Instrumente lagen draussen rum, von ihm weit und breit aber keine Spur.
Nachdem wir dann noch irgendwo im Warmen ein lecker Käffchen getrunken hatten, kam die Idee auf, mit diesen Gondeln und Bergbahnen, die es dort gibt, ins Tal zu fahren und dort sich etwas umzuschauen. Es gibt eine Bergstation für Bergbahn, Gondel und den „Skywalk“, mit dem man „über“ den Blue Mountains schwebt.
Nachdem auf der Karte zu lesen war, dass es eine Runde gibt - Mit der Bergbahn runter, zweieinhalb Kilometer Spaziergang durch den Busch und dann mit der Gondel wieder hoch (oder umgekehrt) - hab ich mit dafür entschieden, lieber oben zu bleiben. Zweieinhalb Kilometer sind ja jetzt nicht so lang. Aber wenn man erkältet ist und der Wind pfeift. Ausserdem war es hier ja noch zusätzlich locker acht Grad kälter als in Sydney. Näää, ohne mich!
Lutz und Zeiti sind dann ins Tal gefahren, während ich mir den Souvenirladen angeschaut habe. Es ist unglaublich, was die in diesen Läden an Geld verlangen. Und wir wissen ja, dass es die Sachen in Sydney bei Paddy´s Market um die Hälfte bis zum vier-, fünffachen günstiger gibt. So wunderte es Lutz und mich vorher in Katoomba bei einem Schmuckhändler nicht, dass dieser, als er merkte, dass wir hier wohnen, uns sämtlichen Opalschmuck für die Hälfte der ausgewiesenen Preise anbot. Wir haben trotzdem nicht gekauft. Meistens ist hier der Opalschmuck ja nicht sehr schön. Der Stein ja, aber das Metall drumherum…
Wie auch immer. Lutz und Zeiti waren unten, haben sich noch eine alte, stillgelegte Miene angeschaut und kamen irgendwann wieder hoch. Ich hatte es mir gerade in einem Café an der Bergstation gemütlich gemacht. Unten muss es wohl auch wesentlich wärmer und vor allem windstiller als oben auf dem Berg gewesen sein.
Vor der Heimfahrt hab ich mir in der örtlichen Apotheke noch Medizin geholt. Ja, hier haben auch die Apotheken sonntags auf. Das Stöffchen, was sie mir gegeben haben, muss ein ganz tolles Stöffchen gewesen sein – immerhin verlangte man von mir, dass ich mich ausweise. Und ich muss sagen: Kuriert bin ich nicht, aber zumindestens konnte ich den Rest des Tages ein wenig mehr geniessen.

Abends waren wir noch beim Thai in Waverton. Im Anschluss haben wir Zeiti noch eben nebenan auf die Bahn in die Stadt gesetzt, bevor das Wochenende komplett rum war.

Ach ja, dann gab es ja noch den Eurovision Song Contest. Und da et Lena aus und für Deutschland ja gewonnen hatte, gab es sogar hier im Radio dazu eine Meldung. Was waren wir drei verwundert, als wir das hörten! Nicht nur, dass dieser Wettbewerb eine Meldung wert war, sondern auch, dass Deutschland als glänzender Sieger daraus hervorgegangen ist!

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