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Mittwoch, 7. Juli 2010

Spontan mal Canberra

Und wieder liegt eine Woche hinter uns. Lutz hatte von Montag bis Donnerstag in Brisbane zu tun und ich hab mich in Sydney allen wichtigen Dingen gewidmet.

Unter anderem hatte ich Montag ein Vorstellungsgespräch bei einer Zeitarbeitsfirma, wo mir eindeutig mitgeteilt wurde, dass Firmen ungern die mitgereisten Damen von Visa-Haltern einstellen würden. Man wüsste ja nie, was passiert. Dass „normale Leute“ hier auch häufiger den Job wechseln, zählt da nicht. Trotzdem wird die Zeitarbeit zusehen, dass sie mich bei befristeten Stellen dran bekommt.
Und Freitag war in Parramatta noch diese „Job Expo“. Na ja, wäre ich Asiatin, Araberin oder ähnliches, Flüchtling, Aborigine, blind, taub, anderweitig behindert oder zumindestens Australierin, hätten meine Chancen ganz gut gestanden. Aber auch hier wurde mir abgewinkt – Neee, ich könnte ja gerne an dieser oder jener Fortbildung teilnehmen, müsste dafür aber „permanent resident“, was quasi die Stufe nach „Visums-Halter“ ist, sein. Ok, die Messe lief auch unter dem Motto „Keep Australia working“ (Haltet Australien am Arbeiten). Um es mit Lutz´s Worten zu sagen: Die meinen, die Weibchen der reichen Expats sollen sich da besser zuhause langweilen. Hmpf…

Erfreulicherweise war dann wiederum, dass der seit Anfang Juni stattfindende „End of Financial Year-Ausverkauf“ bis Dienstag in die Endrunde ging und man so noch Schnäppchen machen konnte.
Irritierend war, dass die Nacht von Dienstag auf Mittwoch mit 4 °C in der Innenstadt von Sydney die kälteste Nacht seit 1949 war – zumindestens wenn man bedenkt, dass in Queensland seit ein paar Wochen Erdbeerernte ist. Dass der Grüne Spargel hier dann wiederum aus Peru kommt, passt dann wieder ehr zur Kälte.

Aber wir haben ja auch noch was zu unserer Abhärtung getan. Das wussten wir nur noch nicht zu Anfang.
Dadurch, dass Lutz die Woche in Brisbane mehr als ganze Arbeit geleistet hatte, hatte er den folgenden Montag frei. Somit hatten wir Zeit, uns wieder was von Australien anzuschauen. Die Entscheidung fiel auf Canberra, was ja keine dreihundert Kilometer von Sydney entfernt ist.
Wir konnten natürlich am Samstag nicht den Fischmarkt sausen lassen. So waren wir dann gegen zehn schon dort – war das schön leer!!
Anschliessend ging es über den Hume Highway an Goulburn vorbei nach Canberra. Goulburn haben wir uns nicht angeschaut, obwohl es die erste australische Stadt im Landesinneren ist und es dort eine Figur von einem Merino-Widder gibt, an dem man hochsteigen kann. Ein anderes Mal.
Dafür haben wir am „lookout“ am Lake George angehalten. Oder halt da, wo der See sein sollte. Dadurch, dass der See kein Wasser hatte, lag eine riesige Ebene vor uns. Uns wunderte, dass man nur ein paar Windräder am Horizont in den Hügeln ausmachen konnte.
Die Fahrt ging weiter entlang dem Federal Highway. Und selbst als unser Navi uns mitteilte, dass es nur noch zehn Kilometer bis Canberra sei, konnte man davon noch nichts erkennen. Der kleine Flughafen, der im Namen sogar „International“ führt, liess ahnen, wo wir sind. Und die Schilder am Strassenrand. Aber ansonsten führte die Strasse um Hügel und Berge, die den Blick auf Canberra versperrten. Wir hatten vorher schon gelesen, dass man unbedingt auf den Mount Ainslie fahren muss, um von dort die Ebene von Canberra zu überblicken. Das haben wir auch gemacht: Auf einer riesigen Ebene konnte man links den Flughafen sehen, rechts die Innenstadt von Canberra und direkt vor uns lag die Achse, die kurz vor uns mit dem „Australian War Memorial“ begann, über die Anzac Parade führte, durch den künstlich angelegten Lake Burley Griffin, zum alten Parlament und schliesslich endend im neuen Parlament. Und dank dem zwar frischen, aber ansonsten herrlich sonnigen Wetter war die Aussicht grandios.
Bevor es ins Hotel ging, sind wir erstmal bei der Touristen-Information vorbeigefahren. Man muss ja wissen, wie man drei Tage rumbekommen kann. Wobei wir jetzt wissen, dass das uns von Australiern empfohlene Wochenende (allerhöchstens ein verlängertes) zu kurz ist. Canberra kann vielleicht ein wenig mit Bonn, als es noch Hauptstadt war, verglichen werden. Es ist ein wenig verschlafen, selbst Montagsmorgens ist der Verkehr, wie er in Sydney allerhöchstens nachts ist, man hat sein „Bad Godesberg“, eine nette Innenstadt, mehr als genug Sehenswürdigkeiten und ein paar nette „Aussenbezirke“ mit netten Cafés. Ausserdem haben wir bisher in ganz Australien nicht so viele Kirchen wie in Canberra gesehen. Schön war auch, dass wir uns alles kostenlos anschauen konnten – nirgendwo mussten wir Eintritt bezahlten. „Canberra“ ist natürlich ein Wort von irgendeinem Aborigine-Stamm und heisst „Ort der Versammlung“. Dadurch, dass man die Stadt erst vor siebenundneunzig Jahren zu bauen begann, und man damals schon wusste, dass es die australische Hauptstadt werden würde, ist die Stadt ein wenig „kriegs- und heldenlastig“. Aber es ist halt die Hauptstadt und dort hat man auch noch genug Platz, allen wichtigen Leuten Denkmäler zu setzen.
Dass es in der Touri-Info Skihandschuhe und Eiskratzer gibt, hatten wir erst mit den relativ nahe gelegenen Snowy Mountains in Verbindung gebracht. Die Snowy Mountains sind ja das australische Ski-Gebiet. Auch wenn dort dieses Jahr hauptsächlich die Schneekanonen für den Schnee sorgen (…). Aber: Canberra liegt auf 610 m im Landesinneren. Jep, da wird es kalt!
Auf dem Weg zum Hotel ging es auch an „The Logde“ vorbei. Dort wohnt der australische Premier, also seit kurzem Frau Gillard. Da das Hotel, wie vieles in Canberra, fern von Geschäften und ähnlichem war, haben wir es erst in „Kingston“, einem Stadtteil von Canberra versucht, ein nettes Restaurant für das Abendessen zu finden. Es gab Restaurants, aber der Hunger war noch nicht soo gross, da wir ja, bevor es „runter“ ging, auf dem Mount Ainslie noch unser Picknick hatten. Also sind wir weiter in die Innenstadt von Canberra gefahren. Mit den „Ringen“ erinnert es was an Köln, nur dass Canberra wesentlich kleiner ist. Wenn man um zwei grössere Blocks läuft, kennt man die ganze Innenstadt. Ein grosses und für eine Hauptstadt standesgemässes Einkaufszentrum gab es auch. Und eine Kneipe, wo es „Mini-Menüs“ gab. Genau richtig für ein kleines Abendessen nach unserem Picknick.
Ja, irgendwann haben wir uns wieder gen Hotel begeben. Gegen Mitternacht lief ja noch das Fussballspiel Deutschland : Argentinien. Da wir keine Kneipe gefunden hatten, wo es lief, haben wir es uns auf unserem Zimmer gemütlich gemacht. Nach dem herausragenden Sieg der Deutschten sind wir dann gutgelaunt eingeschlafen.
Am nächsten Morgen mussten wir feststellen, dass es gefroren hatte. Zum Glück stand unser Auto schon in der Sonne. Aber „Schattenparker“ hatte das Schicksal ereilt, die Autoscheiben freikratzen zu müssen.
In der Touri-Info hatte man uns den Besuch des sonntäglich stattfindenden „Old Bus Depot Markets“ wärmstens ans Herz gelegt. In der Hoffnung auf ein Frühstück ging es dort hin. In zwei riesigen Hallen waren Stände mit den unterschiedlichsten Angeboten aufgebaut: Es gab Handarbeiten, Schmuck, Pflanzen für den Garten und Lebensmittel wie Oliven, Brot, Tee, Süsses und Nudeln. Einfach nicht dieser „China-Kram“, der sonst oft angeboten wird. Und eine Band spielte liebliche Melodaien. Am Ende einer Halle war auch eine „Essecke“, wo es ein hervoragendes belegtes Baguette zum Frühstück gab.



Frisch gestärkt ging es dann zum neuen Parlamentsgebäude. Um die Zeit bis zur nächsten Führung zu überbrücken, sind wir erst mit dem Aufzug auf das Dach des Gebäudes gefahren. Von dort hatte man halt die „rückblickende“ Aussicht Richtung Mount Ainslie. Anschliessend hatten wir noch etwas Zeit, uns bei einem Käffchen auf die Terrasse des Parlament-Cafés zu setzen. Dadurch, dass die Terrasse windgeschützt ist, konnten wir dort herrlich in der Sonne sitzen, obwohl die Temperatur eigentlich die neun Grad nicht überschritt. Und wie fast überall in Canberra rannten und flogen auch dort Magpies (Elstern) rum. Ein Magpie hegte die Hoffnung, was von unseren Erdbeertörtchen abzubekommen. Dann war es irgendwann ein Uhr und die Führung begann. Ian, der Führer, hat uns die Geschichte von Canberra und natürlich die des neuen Parlaments erzählt und hat uns sowohl das Parlament als auch den Senat gezeigt und uns vieles zur australischen Politik erklärt, Anekdötchen haben auch nicht gefehlt. Sowohl im Parlament als auch im Senat gibt es sehr bequeme Zuschauersitze, so dass das Ende der Führung nach einer Stunde gerade recht kam, bevor man Ian nicht mehr zuhörte, sondern einschlummerte.
Für Lutz und mich war dann ein verspätetes Mittagessen angesagt – Picknicksresteessen. Dafür haben wir uns ein sonniges Plätzchen am Ufer des Lake Burley Griffin (benannt nach dem Architekten, der Canberra geplant hat) gesucht. Natürlich wollten wir auch endlich die Fontäne des James Cook Denkmals sehen. Sie ist ein Geschenk der kanadischen Regierung und ein Teil des Denkmals. Der zweite Teil ist ein Globus, der die Südseereise von Cook zeigt. Die Fontäne wollten wir schon am Vortag fotografieren. Bloss gibt es die Fontäne täglich nur von zehn bis zwölf und von zwei bis vier. Und als wir am Samstag dort ankamen, war sie noch an. Als wir dann einen Parkplatz hatten, war sie aus. Da wussten wir aber noch nicht, dass die Fontäne um vier abgestellt wird.
Dann ging es zum „Australian War Memorial“. Eine gemeinsame britische Vergangenheit kann man den Australiern und Pakistanis nicht absprechen. Zu sehr erinnerte das Memorial dem Grab von Ali Jinnah in Karatschi. Ausserdem gab es dort noch mehrere Ausstellungen zur Beteiligung Australiens am 1. und 2. Weltkrieg. Innen gab es noch diverse Flugzeuge, draussen einen Panzer und eine Schiffsbrücke. Kurz vor fünf wurden alle Interessierten rausgeschmissen, da es am Abend eine Veranstaltung im Innenhof des Denkmals gab. Den Anfang mit Chorgesang haben wir uns noch angeschaut. Das Timing war nicht so optimal, da in der Dämmerung dort scharenweise Kakadus mit viel Gekrächze einfallen. Na ja, wir sind dann zu einem weiteren Aussichtspunkt gefahren, um die Dämmerung und Dunkelheit über Canberra zu sehen. Lange haben wir es aber nicht ausgehalten. Abends ging es mit fehlender Sonne rapide gen ganz kurz über null Grad. Also haben wir uns auf den Weg in die Innenstadt gemacht. Dort gab es leckeres Essen bei einem Chinesen/Malaien. Wie wir später lesen mussten, ist dieses Restaurant eine „Institution“ in Canberra. Och… Das Essen war echt gut. Aber die Tische standen sehr nah zusammen und es war ein Kommen und Gehen wie im Taubenschlag. Gemütlich essen geht anders. Da es noch relativ früh war, sind wir noch kurz in einen Irish Pub „King O´Malley“. King O´Malley hat wohl wirklich gelebt, war aber anders als sein Name vermuten liess, Amerikaner und kein Ire und hat sich massgeblich dafür eingesetzt, dass Canberra Hauptstadt und die bis 1996 staatliche Commonwealth Bank gegründet wurde.
Am Montagmorgen hatten wir einen „exklusiven Weckdienst“, den wir gar nicht bestellt hatten: Wir lagen noch schlummernd in den Federn, als das Zimmermädchen ohne Klopfen reinstürmte, um ihrer Arbeit nachzugehen. Mussten wir nicht erst um elf draussen sein?!!?
Zum Frühstück sind wir dann nach Manuka gefahren, das nichts mit dem gleichnamigen Honig zu tun hat und das wie Kingston ein wenig ausserhalb liegt, wo es aber Geschäfte und Cafés gibt.
Dann hatten wir noch zwei Programmpunkte zu erledigen. Wie gesagt: Drei Tage sind zu wenig, um in Canberra alles zu sehen. Also haben wir uns für die „Royal Australian Mint“ (Münzanstalt) und das Nasa Deep Space Centre weiter ausserhalb entschieden. Das alte Parlament und noch ein paar andere Sachen werden wir uns beim nächsten Mal anschauen.
In der Münzanstalt konnte man alle Prozesse von der Idee, wie eine Münze aussehen soll bis zur fertigen Münze verfolgen. Eine eigene Münze konnte man auch prägen. „Eigen“ im Sinn von: Man hat sie selber geprägt – drei Dollar in den Automaten werfen, man sieht und hört ein Stampfen und „flups“ fällt eine Münze in die Ausgabeschale.
Das Deep Space Centre war auch sehr interessant. Eine Führung gab es nicht, aber es gab einen Mann, der alle Fragen bereitwillig beantwortete. Sehr imposant war die Schüssel der „grossen Antenne“ mit 70 Metern Durchmesser. Daneben gab es noch einige kleinere Antennen. Wie sagte der gute Mann „Mit so Sachen wie Satelliten geben wir uns nicht ab. Wir sind an dem interessiert, was weit dahinter liegt!“. Neben der Station in Canberra gibt es noch eine in Spanien und eine in Kalifornien und man ist natürlich stolz darauf, die grösste Parabolantenne der südlichen Hemisphäre zu haben.
Ja, und so endete unser Kurztrip nach Canberra. Auf ging es, die fast dreihundert Kilometer zurück nach Wollstonecraft zu fahren. Ach ja, und der Thai am Bahnhof in Waverton hatte auch wieder ein hervorragendes Abendessen für uns.

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