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Donnerstag, 14. Januar 2010

Von Gaunern und Artisten









Langsam haben wir uns richtig eingewöhnt. Man wundert sich dann bei amerikanischen Serien, dass die Autos rechts fahren. Oder deutsche bzw. schweizer Ortsnamen werden englisch gelesen und man fragt sich, wo denn „Baisl“ sein mag, wohin die Lufthansa im Newsletter Flüge anbietet. Aber das kennen die Schweizer wohl, dass manch einer das zu Basel sagt.

Während die letzte Woche ehr unspektakulär und bei meiner Jobsuche ehr unerquickend war, wurde es Freitagmittag wieder turbulenter.
Ich war gerade dabei, auf dem Balkon Wäsche aufzuhängen, als ein Leih-LKW vorfuhr. „Na ja, wird wohl einer eine Waschmaschine oder ähnliches geliefert bekommen“ dachte ich. Aber mit einem LEIH-LKW? Der Vermieter stand ja dick drauf. Und dann klingelte es bei uns! Es war ganz toll, mal wieder den „liebreizenden“ und lauten Sound unserer Klingel zu hören. Wir hatten aber nichts bestellt. Von der Neugierde getrieben – und man will ja auch hilfsbereit sein – bin ich dann zur Tür. Dort standen zwei Typen – Arbeiter, stanken nach Schweiss und Qualm, komische Tatoos und Piercings. Super!...
Sie wollten die Ventilation auf dem Dach prüfen. Ob es ok sei, dass sie auf das Dach gehen würden. Der Aufstieg dahin ist nämlich auch noch vor unserer Tür. Da ich ja nun wusste, dass dort keine Ratten oder Mäuse rumlaufen würde, hab ich zugestimmt: Geht ihr mal schön auf das Dach.
Ich war gerade wieder auf dem Balkon angekommen und hatte gerade wieder angefangen Wäsche aufzuhängen, als ein weiteres Mal ein tolles Liedchen durch unsere Klingel ertönte. Das Ding plärrt nach Schalterdruck verschiedene Lieder. Keine Ahnung, welche beiden ich Freitag gehört habe. Ich ignoriere das. Aber zurück zu den beiden Typen.
Sie wären auf dem Dach gewesen, hätten festgestellt, dass bei Ian nebenan und Mark und Vanessa gegenüber alles ok sei. Die Namen kenn natürlich nur ich und nicht die beiden. Bei uns wäre aber was verstopft und ob sie Freitag später oder Samstag im Laufe des Tages vorbeischauen könnten. Dann würde das in Ordnung gebracht und wir bräuchten das auch nicht zu bezahlen. Das würde von der Regierung finanziert werden. Häää?!?!
Die Geschichte war ja schon komisch! Die fahren vor, klingeln, haben beim zweiten Klingeln eine Leiter dabei und der, der sich mir als Chris vorstellte, schielte mir noch neugierig über die Schulter.
Da Lutz Samstag ja auch da sein würde, habe ich den beiden gesagt, dass sie dann gerne vorbei kommen könnten. Zumal die drei Nachbarn auf unserer Etage gerade noch in Urlaub sind.
Und dann zogen sie von dannen. Oder zumindestens aus meinem Blickfeld im Treppenhaus.
Während ich noch überlegte, ob ich Lutz oder die Polizei oder beide anrufen sollte, sah ich, als ich zum x-ten Mal bei der Wäsche auf dem Balkon angekommen war, dass die Polizei aus der King Street in die Hazelbank Road einbog. Na gut, kann ja mal passieren. Aber der LKW, der da an der Bushaltestelle hielt, irritierte sie wohl auch und so wurde gedreht und der LKW sich genauer angeschaut. Von den Typen keine Spur. Während ich dann endlich meine Wäsche aufhängen konnte, umkreisten die beiden Polizisten den LKW, machten Notizen, telefonierten, sprachen in ihre Funkgeräte. Das dauerte seine Weile und ein weiterer Polizeiwagen tauchte auf. Ein grösserer. Der hielt dann auch und nun inspizierten vier Polizisten den LKW. Die Typen waren noch immer nicht zu sehen.
Irgendwann tauchten sie dann doch auf. Zu dritt! Keine Ahnung, wo vorher der dritte gewesen war. Dann ging ein Palaver los, von dem ich hier oben aber nur die Aktion, aber keine Worte mitbekommen habe. Ich hatte mein Betätigungsfeld und meinen Beobachtungsposten ja jetzt in die Küche verlegt. Und während unsere Spüle dank Scheuermilch und meinem Dazutun immer glänzender wurde, fuhr irgendeiner den LKW weg, die beiden Polizisten mit dem grösseren Wagen hauten ab und es kamen immer mehr seltsame Gestalten aus dem Park. Ich weiss nicht, worum es ging und wie es ausgegangen ist. Der LKW kam nicht wieder, die letzten Polizisten fuhren auch und die ganze Horde Typen sass an der Bushaltestelle wie bestellt und nicht abgeholt.
Da hier ja noch immer Sommerferien sind, haben wir später mal vermutet, dass die Typen die Gegend hier für Einbrüche auskundschaften wollten und irgendein Nachbar weiter die Strasse runter die Polizei bereits gerufen hatte. Nur die konnte den „Herrschaften“ wohl nichts nachweisen.

Freitagabend haben wir beschlossen, ein weiteres Restaurant in Crows Nest zu testen. Marc hatte letztens das Xenos sehr empfohlen. Als wir dort vorbeikamen, mussten wir an das höhscheider Mykonos und die beiden ohligser Griechen denken. Beim Gedanken an Bauern- oder Gyrosteller mit den tollen Kartoffelscheiben und Tzaziki lief uns sofort das Wasser im Mund zusammen. Gut, dann sollte es griechisches Essen diesmal geben.
Wir bekamen auch einen sehr schönen Platz auf der „Terrasse“ zugewiesen, von wo aus man gut das Treiben auf der Strasse beobachten konnte. Die Gänsefüsschen bei der Terrasse sind dafür, weil dafür ein teil des Bürgersteiges genutzt wurde.
Und dann begann die Enttäuschung. Beim Blick in die Karte stellten wir schon fest, dass es an griechischen Gerichten gerademal Souvlaki und Moussaka gab. Weine wurden sehr gepriesen. Aber es gab nicht einen einzigen griechischen. So trank Lutz ein Bier und ich hab mich für einen Shiraz entschieden, mit dem man hier nie was falsch macht.
Da wir jetzt gedanklich ja bei Gyrosteller & Co. waren, hatten wir entsprechend Probleme, was passendes zu finden. Hätte das Restaurant sich mit seiner italienischen Küche gerühmt, wäre das noch ok gewesen. Immerhin gab es Pasta in allen Varianten. Aber die wollten wir ja auch nicht.
Also gab es als Vorspeise Meze und für Lutz Lachs und für mich Moussaka. Ich hab gedacht, damit könnte man nichts falsch machen.
Wir waren so enttäuscht! Die Vorspeise bestand hauptsächlich aus Oktopus auf grünem Salat, der einen griechischen darstellen sollte. Feta fehlte, von Tomaten keine Spur. Was so ein Australier sich unter griechischem Essen vorstellt… Der Lachs war auch nicht so toll und die Moussaka bestand hauptsächlich aus Béchamelsauce. Mit ein wenig Suche fand man dann auch die restlichen Zutaten.
Das alles war nicht sehr erquickend, so dass wir uns schnell auf den Weg zu einem „Trostpflaster-Bierchen“ ins Crows Nest Hotel begeben haben.

Samstagvormittag ging es dann diesmal nicht mit der Fähre, sondern mit der Bahn zum Fischmarkt. Normalerweise wären wir ja mit dem Auto zur Fähre runter und von da aus dann mit der Fähre weiter. Wir wollten aber in der Stadt bleiben, weil abends das Sydney Festival starten sollte und wir uns beide auch mal ein Bierchen gönnen wollten.
Diesmal haben wir freiwillig einen anderen Fischhändler ausprobiert. Und weil wir früh genug da waren, mussten wir nicht auf einer Bank unter einer Palme essen, sondern haben sogar noch einen Tisch bekommen.
Frisch gestärkt ging es dann in die Stadt. Darling Harbour war wieder fest in deutscher Hand. Lutz brauchte noch ein paar Sachen und ich wollte mal wieder ein Buch lesen, hatte aber keins. Also ging es auf die George Street. Die geht einmal der Länge nach durch die Innenstadt von Sydney. Dort gibt es auch ein riesiges Geschäft von Dymocks. Das ist die australische Mayersche – Bücher über Bücher. Dort hab ich dann einen Krimi und ein Buch über australische Vögel gefunden. Im Laufe der Zeit haben wir dann alles erledigt gehabt und uns auf den Weg zu The Domain in der Nähe vom Botanischen Garten gemacht. Das war einer der Bereiche, wo das Sydney Festival stattfinden sollte. Samstagabend lief unter dem Motto „The first night“.
Aber bevor die begann, haben wir uns, wie einige andere auch, ein wenig entfernt von der Bühne unter einen Baum gelegt. Wofür hatten wir unsere Picknickdecke mitgenommen? Lutz hat ein Nickerchen gemacht und ich den neuen Krimi angefangen zu lesen.
Das Sydney Festival findet vom 9. bis 30. Januar statt. In der ganzen Zeit finden täglich Konzerte und unterschiedliche Darbietungen statt. Die Konzerte sind in den unterschiedlichsten Musikstilen. Am Samstag in The Domain spielten zwei Bands. Eine haben wir noch gesehen. Es war eine Aborigine-Band mit langen spirituellen Liedern, die häufig von einem Didgeridoo begleitet wurden. In den Liedern ging es natürlich um die Dreamtime (Traumzeit), die so was wie die Religion der Aborigines darstellt. Highlight in der Domain war wohl Al Green. Für ihn sind viele Leute schon nachmittags angereist und haben sich ein gutes Plätzchen mit ihrer Picknickausrüstung gesichert. Aber es gab noch andere Orte in der Umgebung, wo die First Night gefeiert wurde, so dass wir Al nicht miterlebt haben.
Irgendwie schienen „alle“ auf den Beinen zu sein. Für Strecken, wo man sonst nur zwei, drei Minuten brauchte, musste man plötzlich eine Viertelstunde oder länger einrechnen.
Im Hyde Park war zwischen dem grossen Brunnen und der St. Mary´s Cathedral eine Bühne aufgebaut, wo Artisten ihr Können zeigten. Das war teilweise wirklich atemberaubend, wie sie in luftigen Höhen sich an Seilen und Trapezen von links nach rechts und umgekehrt schwangen. Nein, es war keine Tarzan-Vorführung. Es gab ehr ausgefeilte „Luft-Choreografien“, die nicht vergassen, dafür zu sorgen, dass dem Zuschauer von Zeit zu Zeit der Atem stockte. Glücklicherweise verstanden die Artisten ihr Geschäft.
In einer anderen Ecke vom Hyde Park war noch eine Bühne aufgebaut. Davor sass das Publikum auf seinen Picknickdecken und lauschte andächtig den Klängen. Als wir dort vorbeikamen, spielte dort vom Stil her eine indische Band.
Auf unserem Spaziergang spielte in der Nähe des Sydney Hospitals eine Blaskapelle. Es waren schon um die hundert Bläser, die über zwei Etagen auf den Balkonen des Gebäudes standen und spielten.
Am Chifley Square und am Martin Place spielten auch verschiedene Bands.
Da tolles Wetter war, war es auch super, dass der Hauptsponsor, eine australische Bank, Wasserstellen eingerichtet hatte. Dort konnte man sich kostenlos seine Wasserflasche auffüllen lassen bzw. man konnte auch eine 500 ml Sporttrinkflasche bekommen und diese sich immer wieder mit eiskaltem Wasser auffüllen lassen. Ausserdem wurden kleine Handventilatoren verteilt. Meiner leistete mir zwischendurch immer mal gute Dienste.
Unseren besonderen Spass hatten wir, dass „The Sauerkraut Sisters“ Bratwurst verkaufte. Mit Sauerkraut. Das hatte was von Heimat und war wirklich lecker.
Interessant war auch, wie man dem Müllproblem, was nach den Veranstaltungen da sein würde, begegnete. So wurden Müllbeutel an die Picknickenden verteilt. Man sollte dort seinen Müll reinfüllen und den Beutel dann einfach liegen lassen, wenn man gehen würde. Die Reinigungsleute würden dann einfach nur die Müllbeutel einsammeln. Manchmal haben so simple Sachen einen riesigen Effekt.
Wie gesagt: Das Festival geht noch bis Ende des Monats. Bis dahin gibt es in ganz Sydney unterschiedliche Musikkonzerte, Theateraufführungen, Tanzvorführungen und Familienunterhaltung.
Spätestens zum 26. Januar zum Australia Day werden wir wieder dabei sein!

Sonntag sind wir wieder mal Richtung Norden gefahren. In den Ku-ring-gai-Chase-Nationalpark. Da es aber reichlich warm war, haben wir uns damit begnügt, die wichtigen Aussichtspunkte aufs Meer anzufahren. Da wir den North Head ja erstmal auch zu genüge kennen, waren wir diesmal am West Head. Von dort hat man eine herrliche Aussicht in eine Bucht, auf die Landzunge mit Palm Beach und den dahinterliegenden Pazifik.
Im Herbst oder Winter, wenn es mal wieder kühler ist, werden wir dort wohl auch mal wandern gehen. Es gab aber genug Radfahrer, die dort die Kurven hoch- und runtergefahren sind. Verrückt bei über 30 °C und ferner der Zivilisation!
Wir haben es vorgezogen an den Hawkesbury River zu fahren. Der kommt aus den Blue Mountains und bevor er in den Pazifik fliesst, fliesst er noch durch einige tolle Buchten, die ein wenig fjordähnlich aussehen. Dort kann man fern der Gefahren des offenen Meeres dem Wassersport frönen. Oder es wie wir machen: Sich bei der Marina ins Café setzen und ein Käffchen bei toller Aussicht geniessen.

Abends sind wir, da wir gerade in der Gegend waren, noch eben bei Dean und Leanne vorbei.
Einer derer Nachbarn mähte den Rasen vor seinem Haus. Mit Ohrenschützern! Aber im Gegensatz zu den Zikaden im Nationalpark haben wir den Mäher im Auto mit geschlossenen Fenstern nicht hören können!

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