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Sonntag, 23. Mai 2010

Ein Mädel segelt um die Welt, während wir uns mehr und mehr in Australien einleben






So, damit unser Oz-Blog nicht zu einem Lori-Blog verkommt, erwähn ich die Kleinen diesmal nicht weiter. Es gab auch so genug zu erleben.

Na ja, gut, die Woche verlief mehr unter „nichts besonderes“. Und wenn man hört, dass die kälteste Zeit uns erst in der letzten Juli- und der ersten Augustwoche bevorsteht, fragt man sich, wie kalt das sein mag. Es ist ohnehin schon sehr seltsam, bei dem herbstlichen Wetter draussen das aktuelle Datum zu schreiben. Wenn man im Mai Frühling gewohnt ist, mutet das Wetter jetzt reichlich seltsam an.
Da weder australische Wohnungen noch Häuser eine Heizung haben, gibt es jetzt die dollsten Angebote für alle möglichen „Wärmer“. Angefangen von einem Heizlüfter über Radiatoren zum super Heizteil mit allem Zipp und Zapp. Die Heizdecken fehlen natürlich auch nicht.
Und während Lutz und ich unsere ersten beiden Heizer für Bad und Wohnzimmer suchten, hatten wir den Eindruck, ganz Australien muss jetzt auch Heizungen kaufen. Dabei ist der Herbst und Winter ja nichts neues und der eine oder andere sollte noch ein Ding vom letzten Jahr und den Jahren davor irgendwo rumstehen haben. Im Keller wohl nicht, den hat hier ja keiner. Ok, vielleicht kommt da das eine oder andere Ding auf den Müll, weil man es im Sommer nicht irgendwo rumstehen haben will. Keine Ahnung.
Ja, und dann ist ja auch noch mehr klar, warum unsere lieben Aussies auf Platz neun der weltweiten Umweltschweinchen geladet sind: Im Sommer laufen die Klimaanlagen, im Winter die Heizungen. Und alles arbeitet nur für den Augenblick, da bei der nicht vorhandenen Hausisolierung natürlich ganz schnell das wieder nachrückt, weswegen man Klimaanlage oder Heizung anschmeisst.
Insgesamt war es auch sehr weise, aus Deutschland die Federbetten mitzunehmen. Im Sommer waren sie natürlich zu warm und wir haben wochenlang obendrauf gelegen. Aber jetzt ist es einfach nur klasse. Ja, und auch wenn wir jetzt so einen Stromfresser im Wohnzimmer stehen haben – so ein wenig muckelig warm liegt es sich doch angenehmer auf der Couch beim Fernsehen!

Unsere reguläre Wochenendplanung mussten wir kurzfristig ändern, da et Jessica Watson von ihrem Weltumrundungssegeltörn zurückerwartet wurde. Und das auch noch zur besten Fischmarktzeit. Also, den Fischmarkt auf Sonntag verschoben und ab ging es per Fähre zum Opernhaus.
Für Lutz und mich war es, wie wir im Nachhinein festgestellt haben, sogar sowas wie ein Pflichtprogramm, da Jessica ihren Segeltörn genau an dem Tag angefangen hat, als wir hier in Australien angekommen sind.
Am Opernhaus hatte man eine Bühne aufgebaut und einen rosafarbenen Teppich ausgelegt. Alles für Jessica, deren Boot ja die Farbe ihres Hauptsponsors trug - rosa. Obwohl das Boot in Anlehnung an den Sponsor "Ella´s pink Lady" getauft wurde, konnte man sowohl bei "Pink Lady" als auch bei dem Herz mit dem Schriftzug ehr an Äpfel denken...
Es hatten sich auch schon einige Leute eingefunden und ihren Platz gesichert. So auch Dean und Leanne. Aber während die beiden auf den Treppen an der Oper verharrten, um die Einfahrt und den Anleger im Blick zu haben, sind Lutz und ich noch was rumgelaufen. Erstmal mussten wir ja noch frühstücken. Ausserdem gab es neben der Bühne noch eine riesige Leinwand, auf der man viel mehr vom Geschehen sah.
Es war also so, dass der rosane Teppich vom Anleger, am Eingang vom Botanischen Garten, durch einen Torbogen „Welcome home Jessica“, an der Leinwand vorbei auf die Bühne führte.
Nach unserem Frühstück haben Lutz und ich erstmal geschaut, was es auf der Leinwand zu sehen gab. Zwei Fernsehsender teilten sich diese Veranstaltung und auf der Leinwand gab es ausser der Werbung zwischendurch das Fernsehprogramm zu sehen: Bilder von Jessica, ihre Geschichte, Interviews, die Leute an der Oper, die immer mehr wurden und und und.
Eigentlich war die Hafeneinfahrt von Jessica ja für halb zwölf angekündigt worden. Tatsächlich kam sie zwei Stunden später an. Man munkelt, dass die Fernsehsender das mit Absicht gemacht hatten, damit – optisch besser – noch mehr Boote drumherum schwammen. Na ja, auf der Westseite der Harbour Bridge war das Wasser so gut wie still, da dort keine Schiffe, Boote oder ähnliches unterwegs waren. Alles schwamm auf der Ostseite Richtung Heads. Die Heads sind unser gernbesuchter Northhead, Middlehead, der ein wenig weiter landeinwärts liegt und die namensträchtige Watsons Bay, welche gemeinsam die Hafeneinfahrt bilden. Ausserdem war dort die gedachte Ziellinie.
Auf der Leinwand gab es einmal Bilder aus dem Hubschrauber – also, die gab es immer wieder. Aber einmal wurden halt von Osten, vom Meer aus, die erhöhte und grüne Hafeneinfahrt, die dahinterliegenen Hügel mit Häusern und Grün am Ufer des Port Jackson, die Ebene, die sich Richtung Westen bis zu den Blue Mountains erstreckt, gezeigt. Und mittendrin ragten aus den grünen Flecken und Gebäuden die Hochhäuser von Sydney heraus. Das war insgesamt richtig nett anzuschauen.
Irgendwann war es dann soweit. Der Vorhof der Oper war gerammelt voll mit Menschen. Der oder die eine oder andere hatten sich auch rosa angezogen. Es wurden sogar australische Flaggen verkauft. Alles war bereit, Jessica gebührend zu empfangen. Dann überfuhr sie auch endlich die Ziellinie.
Und da wir ja hier in Australien und nicht in irgendeinem Takatukaland sind, ist auch erstmal der Zoll bei Jessica an Bord gegangen. Immerhin ist sie ja in der Welt rumgekommen und war das erste Mal seit 210 Tagen wieder in Australien. Also wurde der Pass kontrolliert und das Boot inspiziert. Sehr viele Leute haben gelächelt, aber so sind halt die Regeln: Es kommt keiner unkontrolliert nach Australien rein.
Es war schon beeindruckend, als irgendwann Jessica mit einer riesigen Flotte um sich herum um die Ecke kam und auf den Anleger am Opernhaus ansteuerte. Ne, das ist eigentlich falsch. Denn inzwischen war ein Fernsehteam an Bord und das Boot wurde von Jesse Martin, dem Rekordhalter im „als Jüngster um die Welt segeln“ gelenkt, so dass Jessica sehen und geniessen konnte, wie sie empfangen wurde. Jessica konnte Jesse den Rekord nicht abluchsen, da zu kurz vor ihrem Start die Regeln geändert wurden und sie eigentlich auch noch ein wenig nach Europa hätte segeln müssen. Das war nicht eingeplant, also blieb die Herausvorderung ohne Europa.
Eigentlich gab es für die den Hafen entlang begleitenden Boote eine Regelung, dass sie nicht näher als zweihundert Meter vor und einhundert Meter links, rechts und hinten an Jessica´s Boot heran durften. Bei der Menge an Booten war das aber unmöglich einzuhalten, so dass wir auf der Leinwand auch schonmal Zeuge eines Remplers wurden.
Irgendwann ist Jessica dann am Anleger angekommen und wurde von ihrer Familie empfangen. Ausserdem fand sich natürlich der ein oder andere Sponsor ein, um sie Willkommen zu heissen. Von ihrer Familie wurde sie dann zur Bühne geleitet, wo schon Frau Keneally und Herr Rudd auf sie warteten. Unterwegs gab es für Jessica noch ein Geschenk: Ein Mann hatte ihr Boot als Modell nachgebaut und überreichte ihr das.
Ja, soviel Politikprominenz wie hier haben Lutz und ich in Deutschland noch nicht mitgemacht. Für Jessica waren selbst die Premierministerin von Newsouthwales, Kristina Keneally, und der Premierminister von Australien, Kevin Rudd, angereist. Und Lutz und ich hatten am Australia Day im Januar bereits die Gouverneurin von Newsouthwales (Marie Bashir) gesehen (zusammen mit Frau Keneally).
Kristina Keneally war bereits vorher in einem Interview zu sehen gewesen. Jetzt war Jessica da und Kevin Rudd hielt erstmal eine Rede zum Mut von ihr und lobte sie noch und nöcher. Rudd hat ja die letzten Monate sehr viel Schelte bekommen. Um so amüsierter war das Publikum dann, als die ahnungslose Jessica ihm anschliessed auch noch widersprach: Sie sei keine besondere Person, nur ein gewöhnliches Mädchen. Ja ja, einige Zeitungen lästerten noch, da Jessica´s Boot ja fast über und über mit Sponsorenaufklebern beklebt war, dass Kevin Rudd noch ein freies Plätzchen für sich genutzt hätte. Wir als Dazugezogene haben uns zwar über die Aufkleber gewundert, aber ansonsten war das Programm echt nett gemacht.
Die nächste Herausforderung für Jessica ist der Führerschein. „Von“ Herrn Rudd hat sie schonmal zehn Fahrstunden geschenkt bekommen.
Ansonsten hat sie sich laut Presse nach der anschliessenden Pressekonferenz nur noch ausgeruht, viel vermisstes frisches Obst und Pavlova, einen Kuchen, den es nur in Australien und Neuseeland gibt, gegessen und war dann tagsdrauf wohl direkt beim Frisör. Klar, Frau halt ;o)
Mitdem Jessica zur Pressekonferenz musste, war die Veranstaltung vor dem Opernhaus auch beendet. Die Leute, die gerade noch dicht an dicht gestanden hatten, strömten davon. Lutz und ich auch – auf der Suche nach Kaffee, was auch geklappt hat.
Jetzt müssen wir nur noch schnell ins Maritime Museum nach Darling Harbour. Bisher hatten wir ja noch keinen echten Grund, dorthin zu gehen und haben das immer auf „im Winter“ verschoben. Jetzt liegt dort aber bis kommendes Wochenende Jessica´s Boot zur Besichtigung. Da werden auch wir wohl von der Neugierde dorthin getrieben – vielleicht... Wir werden berichten!

Samstagabend sind wir mit Dean und Leanne nach Newport zum Abendessen gefahren. Dort gibt es ein hervoragendes brasilianisches Restaurant, mit einer prima Idee: Man bestellt ein „Grundmenü“ aus Beilagen zum Preis x, bestellt sich vielleicht noch andere Beilagen dazu und dann kommen Kellner mit verschiedenen Spiessen immer wieder am Tisch vorbei und bieten das, was am Spiess hängt an. Das sind unterschiedlich zubereitete Fleischsorten, Fisch oder halt Ananas. Die hat überhaupt am hervoragensten geschmeckt: Mit Zucker und Zimt „gewürzt“ und dann gegrillt. Genial!
Um halt nicht unnötig von Kellnern belästigt zu werden, gab es kleine Holzzylinder, die auf der einen Seite rot und auf der anderen Seite grün waren. Es ging: Grün oben – „bitte noch mehr Fleisch“, rot oben – „bitte nicht mehr“ und wenn der Zylinder lag „ich brauch eine kleine Pause“. Da ist es bei den Kellnern bei deren Einstellung wohl schon üblich, einen Sehtest für Farbblindheit zu machen.
Aber: Alles in allem ein netter Laden mit tollem Essen.

Sonntag waren Lutz und ich dann endlich beim Fischmarkt. Im Regen. Das hatten wir wohl noch nie. Aber was soll´s? Immerhin sind die Tische ja überdacht. Und der Spuk war auch schnell wieder vorbei.
Anschliessend sind wir noch die die Warringah Mall, ein wenig der retail therapy frönen. War prima!! Lutz hat ein paar Bücher gekauft und ich ganz viel Klamotten, da ich die potentielle Kälte in Australien dezent unterschätzt und sehr viele warme Sachen in Deutschland gelassen hatte. Wie gut, dass es hier Geschäfte gibt! ...die warme Kleidung verkaufen.
Jetzt ist wieder alles gut: Wir haben einen tollen Reiseführer für unseren Trip nächsten Monat nach Fraser Island, ich hab warme neue Klamotten und irgendwo hatte Lutz noch die Heizung für´s Wohnzimmer aufgetan. BINGO ;o)

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